09.01.2024
Gerflor: „Wir setzen stark auf lose liegende Beläge“
Einfache Verlegung, hohe Funktionalität und Nachhaltigkeit: Lose liegende Bodenbeläge, Looselay genannt, werden immer beliebter, weil Architekten beim Einbau bereits an den späteren Ausbau denken. Als europäischer Hersteller von elastischen Bodenbelägen bietet Gerflor ein besonders umfangreiches Portfolio. Es reicht vom Privat-, über den Objekt- bis zum Industriesektor. Über den Neuzugang Taralay Impression Hop, einen heterogenen Rollen-Kompaktbelag, den Klassiker GTI-Fliese und den Wandbelag Mural Revela sprach FussbodenTechnik mit D/A/CH-Geschäftsführer Michael Stein und Marketingleiter Frank Selbeck.
FussbodenTechnik: 2023 war ein herausforderndes Jahr für die Bodenbelagsbranche. Wie hat sich das auf Gerflor ausgewirkt?
Michael Stein: Natürlich hatten auch wir rückläufige Um- und Absätze, aber wir haben uns momentan auf einem gewissen Niveau etabliert, sodass wir insgesamt leicht unter dem Vorjahr herauskommen. In der Coronazeit hat der Handel seine Läger gefüllt – und genau dann kam die Krise. Das ergab einen Dreifach-Effekt: erstens sinkende Absätze, zweitens eine stärkere Wettbewerbssituation und drittens gehen auch die Preise runter. Wir reden aktuell im Wohnungsbau über Auftragsstornierungen von annähernd 30 %. So eine Situation gab es noch nie.
FT: Wie ist der Blick ins Jahr 2024? Im September gab es den Berliner Baugipfel mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket.
Stein: Ich sehe da zunächst keinen direkten Impuls für die Bauwirtschaft. Es braucht von politischer Seite eine klare Ansage, welche Dinge wann kommen und welche nicht. Die momentane Sprunghaftigkeit verunsichert die Branche – die ständigen schlechten Nachrichten verursachen eine negative Grundstimmung. Ich glaube allerdings auch nicht, dass sinkende Zinsen das Bild ändern würden. Die Baukosten sind ja überall stark gestiegen, teilweise um 20 %. In diesem Kontext waren die 5 bis 6 % Rendite mit den alten Kalkulationen natürlich irgendwann nicht mehr zu erzielen.
FT: In der Branche dominiert das Thema Nachhaltigkeit momentan extrem. Der Recyclinganteil der Gerflor-Produkte wächst weiter, da Sie im Programm „Second Life“ Verschnittreste recyceln. Was tun Sie darüber hinaus?
Stein: Wir nehmen auch Altbeläge zurück. Das ist ganz wichtig, weil dadurch große Mengen zusammenkommen. Außerdem sind wir dabei, Lösungen für eingebautes Material zu finden, an dem sich noch Klebstoff oder Zementanhaftungen befinden. In seiner Reinform lässt sich PVC sehr gut recyceln.
FT: Sammeln Sie ausschließlich Altbeläge von Gerflor ein?
Stein: Nein, früher hatten wir noch die Direktive, nur Gerflor-Böden zurückzunehmen, aber das haben wir jetzt geändert, damit wir schneller vorankommen. Unser Motto „We care, we act“ wird für uns erst dann zu einem stimmigen System, wenn wir uns nicht nur um uns kümmern. Zum Teil lässt sich ja gar nicht mehr sagen, welcher Belag von welchem Anbieter stammte. Unser System funktioniert bei Gerflor in Frankreich schon hervorragend. In Deutschland und Österreich bauen wir es gerade auf und aus, erleichtern die Prozesse für die Verarbeiter, den Handel und die Bauherren maßgeblich.
FT: Die Altbeläge, die Sie zurückholen, sind vermutlich 20 oder sogar 30 Jahre alt. Spielen da gesundheitsschädliche Weichmacher eine Rolle?
Stein: Kaum, denn die sind erstens eher in noch älteren Böden enthalten und zweitens vor allem in CV-Belägen. Diese Weichmacher setzen namhafte Unternehmen wie wir, die in Europa produzieren, schon seit Jahrzehnten nicht mehr ein. Zudem läuft die Maßnahme über die Arbeitsgemeinschaft PVC-Bodenbelag Recycling (AgPR), also das von der PVC-Bodenbelagsindustrie implementierte eigenständige Unternehmen. Und die AgPR ist Teil verschiedener Prozessentwicklungen, die kritische Weichmacher abscheiden können, damit sich auch dieses Material weiterverwenden lässt.
FT: In welchem Umfang profitieren die Bau-Beteiligten von Ihrem Recycling-System?
Frank Selbeck: Eigentlich ist es ja Aufgabe des Bauherrn, sich um die alten Beläge zu kümmern und die kostspielige Entsorgung zu zahlen. Unsere Vision besteht darin, mit ihm eine Vereinbarung einzugehen: dass wir unter bestimmten Bedingungen die Rückholung und das Recycling für ihn realisieren.
Stein: Es muss zu einer Win-win-Situation kommen. Inzwischen sind wir so weit, dass wir in die Nähe einer Kostendeckung kommen, wenn das Material nach Troisdorf zur AgPR geht. Das grüne Gewissen ist das eine, aber wenn der Bauherr durch das Recycling auch sparen kann, wird es für ihn interessant. Hinzu kommt, das einige Unternehmen schon jetzt klare Vorgaben im Rahmen der Green Taxonomy haben. Wir können ihnen am Ende ein Zertifikat darüber ausstellen, was mit ihren Altbelägen passiert ist. Dadurch profitieren sie gleich mehrfach.
FT: Ist der spätere Rückbau der Grund dafür, dass lose liegende Beläge bei Gerflor noch stärker Fahrt aufnehmen?
Stein: Das hat ganz unterschiedliche Gründe: Zum einen verfolgen wir bei Gerflor eine Nachhaltigkeitsstrategie. Danach wollen wir im Jahr 2025 unter anderem einen Anteil von 35 % bei klebstofffreien Belägen im Portfolio erreichen. Wir sind auf einem sehr guten Weg dorthin. Zum anderen folgen wir dem Wunsch von Architekten, die beim Einbau bereits an die Rückbaubarkeit denken. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Bodenbelag, der nicht verklebt wurde, sich leichter austauschen und rückbauen lässt – und das wollen tatsächlich immer mehr Bauherren. Außerdem bieten Looselay-Beläge den unschlagbaren Vorteil, dass man mit ihnen auf Altbeläge draufgehen kann.
FT: Spielt auch die Geschwindigkeit der Verlegung von lose liegenden Belägen eine Rolle?
Selbeck: Definitiv Ja. Wenn man an das Bauen im Bestand denkt, kann es passieren, dass plötzlich eine neue Nutzung einer Fläche gewünscht wird. Looselay-Beläge bieten den unschlagbaren Vorteil, dass man mit ihnen auf Altbeläge draufgehen kann. So lassen sich nicht nur schnell, sondern auch temporär lose liegende Beläge einsetzen, zum Beispiel im Ladenbau. Ein entscheidendes Argument pro Looselay ist die Verlegung im laufenden Betrieb, ohne dass das gesamte Objekt schließen muss. Besonders wichtig in Supermärkten, Produktionsunternehmen oder Krankenhäusern, die den Betrieb nicht unterbrechen können. Die Ausfallzeiten bei den Betreibern werden erheblich reduziert.
Mit unserer beliebten GTI-Fliese lässt sich ein Supermarkt übers Wochenende fertigstellen – und diesen lose liegenden Klassiker gibt es bereits seit 35 Jahren. Das GTI-Original ist gedacht für den gewerblichen Einsatz und er verträgt sogar einen Schwerlastbetrieb mit Gabelstaplern. Mittlerweile haben wir noch zwei weitere Schwalbenschwanz-„Schwestern“ im Programm: die Attraction und die Creation 70 Connect, die ebenfalls auf die schnelle Verlegung mit dem Gummihammer setzen. Die GTI-Fliese zeigt, dass sich Gerflor bereits Jahrzehnte für Recyclingaktivitäten einsetzt: Der Belag weist einen eindrucksvollen Recyclinganteil von 80 % auf.
FT: Was zeichnet die lose liegenden Beläge von Gerflor besonders aus?
Selbeck: Unsere Stärke ist es, dass wir ein extrem breites Angebot an Looselaybelägen führen: Das sind die Schwalbenschwanzbeläge, dann die LVT-Designbeläge und die Klickbeläge. Unser Ziel ist es, immer System-Kollektionen mit breiten Verlegemöglichkeiten anzubieten. Ein ganz aktuelles Beispiel für einen zukunftsweisenden Looselaybelag ist der neue heterogene Rollen-Kompaktbelag Taralay Impression Hop. Der Vinylbelag begeistert durch eine Vielzahl ästhetischer Designs und überzeugt zudem durch hohe Funktionalität. Aufgrund des exklusiven Bodenaufbaus lässt sich die Neuheit komplett klebstofffrei verlegen. Dabei sorgt eine doppelte Armierung aus Glasvlies und Glasfasergitter für eine ausgezeichnete Haltbarkeit. Zudem verstärkt die Beschwerungsschicht aus Recyclingmaterial in Verbindung mit einer technischen Unterschicht die Bodenhaftung des Belages – so ist er komplett selbstliegend und dimensionsstabil. Dies erleichtert nicht nur den Einbau, sondern vor allem auch den späteren Rückbau.
FT: Wo kommt Taralay Impression Hop in erster Linie zum Einsatz?
Selbeck: Ein Parade-Segment für Taralay Impression Hop ist das Gesundheitswesen. Bei Renovierungen lässt sich die Ausbauzeit um 50 % reduzieren, ohne dabei den Untergrund zu beschädigen. Nicht zuletzt verfügt Taralay Hop über eine ausgezeichnete dynamische Belastbarkeit und eine im Vergleich sehr gute Beständigkeit gegenüber schweren rollenden Lasten wie Krankenhausbetten – und das bereits direkt nach der Verlegung.
FT: Manche FussbodenTechnik-Leser sind dem Trend der vergangenen Jahre gefolgt und verlegen jetzt auch elastische Bodenbeläge im Badezimmer. Gibt es dort etwas Neues?
Selbeck: Ja, Gerflor hat mit Mural Revela eine spannende Lösung für die Wand herausgebracht: Mit der Innovation präsentieren wir eine neue Generation langlebiger und wasserdichter Wandverkleidungen für das hochwertige Bad. Dank hoher Strapazierfähigkeit, einem breiten Angebot attraktiver Designs sowie der einfachen und schnellen Verlegung eignet sich die Neuheit ideal für die Renovierung von Badezimmern. Die neue Wandverkleidung Mural Revela ist trotz des robusten Produktaufbaus sehr leicht und lasst sich mühelos schneiden und verarbeiten. Dank des stabilen Nut- und Federsystems ist eine einfache Verlegung ohne aufwendiges Verfugen gewährleistet – auch auf vorhandenen Fliesen. Lärm und Bauschutt entfallen somit komplett, da der alte Fliesenbelag nicht aufwendig entfernt werden muss. So lassen sich die Wandverkleidungen in Badezimmern in der Regel innerhalb von 24 Stunden komplett verarbeiten – ohne lange Ausfallzeiten und im Vergleich zu klassischen Wandfliesen aus Keramik bis zu dreimal schneller.
FT: Welche Eigenschaften bietet der Wandbelag?
Selbeck: Mural Revela zeichnet sich durch eine hohe Strapazierfähigkeit und realistische Designs aus. Die wasserdichten Wandverkleidungen sind als Fliesen (65 x 37,5 x 0,5 cm) oder als XL-Paneele (90 x 260 x 0,5 cm) erhältlich. Aufgrund ihres speziellen Polyurethan-Oberflächenschutzes sind sie strapazierfähig und leicht zu reinigen. Dank der großen Auswahl realistischer Dekore mit Stein-, Zement- oder Marmoroptiken bietet die Kollektion für jeden Einrichtungsstil eine optimale Lösung. Abgerundet wird das moderne Erscheinungsbild von Mural Revela durch eine extra schmale Fuge sowie optional erhältliche Aluminiumprofile für einen optisch stimmigen Wandabschluss. Um maximale Gestaltungsfreiheit sicherzustellen, lassen sich sowohl die beiden Formate als auch alle Farben nach dem Mix- and Match-Prinzip flexibel kombinieren. Nicht zuletzt erfüllt Mural Revela hohe Anforderungen an eine umweltgerechte Produktlösung. Die langlebige Wandverkleidung ist ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft zu 100 % recycelbar und enthält bereits einen Recyclinganteil von bis zu 30 %. Zusätzlich trägt auch der Einsatz erneuerbarer Energien bei der Produktion im hochmodernen Werk in Belgien zur Reduzierung des CO
2-Fußabdrucks von Mural Revela bei.
FT: Warum ist der nur 5 mm dicke Wandbelag so strapazierfähig?
Selbeck: Der Clou ist die Rigid-Core-Board-Technologie (RCB). Die Schichten werden extrudiert und mit dem Dekorfilm „verheiratet“, d. h. verschmolzen. Der heterogene Produktaufbau besteht von oben gesehen aus: Dem PU-Oberflächenschutz, damit ist der Belag leicht zu reinigen und weniger schmutzanfällig. Dann kommt der Dekorfilm (16 Dekore), eine Stabilisierungsschicht und schließlich der Rigid-Kern, der einen Recyclinganteil beinhaltet. Es ist kein klassisches Solid Polymer Core (SPC), sondern wir nennen es Rigid Core Board. Das Verfahren macht den Belag sehr stabil und wasserunempfindlich sowie auch noch mal 30 % leichter. Das Ergebnis ist ein sehr strapazierfähiger, elastischer Wandbelag. Die Feuchtigkeit kann nicht in die Belagskonstruktion eindringen, weil die Schichten fest miteinander verschmolzen sind.
Bei einer Badrenovierung reicht ein Verarbeiter aus, der ein kleines Bad innerhalb eines Tages komplett renovieren kann. Im Objektbereich sehen wir als Zielgruppe Badezimmer in Hotels genauso wie beispielsweise Studentenwohnheime.
FT: Eine weitere Neuheit von Gerflor ist Virtuo für den privaten Wohnbau. Was zeichnet den Belag aus?
Selbeck: Der neue LVT-Designbelag Virtuo ist in zwei verschiedenen Nutzschichten erhältlich, 0,3 und 0,55 mm. Einerseits lässt er sich klassisch fest verkleben, als Planke oder Fliese. Außerdem gibt es Virtuo als Rigidbelag mit stabilem Lock-Verriegelungssystem und integriertem Akustikrücken. Die Rigid-Variante kommt aus Belgien; besonders strapazierfähig ist sie durch die Rigid-Core-Board-Technologie (RCB). Hier werden die Belagsschichten extrudiert und mit dem Dekorfilm verschmolzen.
FT: Auf welcher Messe können FussbodenTechnik-Leser Gerflor Anfang 2024 treffen?
Selbeck: Gerflor startet das Jahr 2024 auf der Domotex in Hannover. Wir werden mit zwei Messeständen vertreten sein und nachhaltige Produkte im Gepäck haben: Zum einen werden wir bei der Sonderschau „The Green Collection“ vertreten sein, zum anderen bei der Sonderpräsentation Retailer’s Park in Halle 19. Dort werden sich erstmalig die Decor-Union und die Mega-Gruppe gemeinsam mit ihren Lieferanten auf einer zentralen Fläche präsentieren. Die Premiere unterstützen wir natürlich besonders gerne und freuen uns auf die Gespräche mit den Messebesuchern.
Der FussbodenTechnik-Newsletter: Hier kostenlos anmelden