26.05.2025
Dr. Thomas Brokamp: „Ich bin noch lange nicht müde“
Rund 20 Jahre stand Dr. Thomas Brokamp an der Spitze der deutschen Ländergesellschaft des schwedischen Boden-Spezialisten Bona. In der Verbandsarbeit ist der 62-Jährige vor allem seit 1994 als Mitglied der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB) im Industrieverband Klebstoffe (IVK) eine feste Größe. Der promovierte Chemiker wagte im Herbst 2024 mit einem eigenen Beratungsunternehmen den Sprung in die Selbstständigkeit. Er bleibt seinem früheren Arbeitgeber Bona aber weiterhin verbunden. FussbodenTechnik sprach mit ihm.
FussbodenTechnik: Herr Dr. Brokamp, was war der Hintergrund für Ihre Entscheidung, sich mit einem Beratungsunternehmen selbstständig zu machen? Wer tritt Ihre Nachfolge bei Bona an?
Dr. Thomas Brokamp: 2025 werde ich 63 Jahre alt und bin noch lange nicht müde. Mit der eigenen Firma kann ich solange weitermachen wie ich will – und das zu meinen Konditionen. Auch bin ich zumindest zum Teil weiter für Bona tätig, dazu gehört auch die anfängliche Unterstützung für meinen Nachfolger als Geschäftsführer, Dr. Antti Senf. Ich denke, das ist auch wichtig für die Kunden und Mitarbeiter: Eine gewisse Kontinuität ist sichergestellt, das Neue kann sich aber entwickeln.
FT: Was ist das Ziel ihres Beratungsunternehmens? Welche Dienstleistungen bieten Sie an? Profitieren auch andere Unternehmen der Branche von Ihrer neuen Tätigkeit?
Dr. Brokamp: Wie gesagt, ich bin teilweise weiter für Bona tätig, teilweise auch in Bereichen, die mit Klebstoffen wenig zu tun haben. Ein weiterer Kunde von mir ist der Industrieverband Klebstoffe (IVK) im Bereich Normung. Ich habe aber auch eine Reihe an eigenen Projekten in verschiedenen Bereichen am Laufen. Grundsätzlich bin ich für vieles offen.
FT: Wie ändert sich Ihre Arbeit für Bona dadurch, dass sie jetzt externer Dienstleister sind?
Dr. Brokamp: Während der nach außen gerichtete Teil – Industrieverband Klebstoffe (IVK), Gemeinschaft Emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe, Klebstoffe und Baustoffe (GEV), Bundesverband Parkett und Fußbodentechnik (BVPF) etc. – gleich geblieben ist, und auch die Sicherstellung der Kontinuität nicht wirklich Neues bringt, bin ich jetzt in anderen Bereichen, speziell der Produktion, für Bona tätig. Die Fortschritte der vergangenen Jahre an den Standorten Limburg und Monroe (US-Bundesstaat Louisiana) sind auch für andere Bereiche bei Bona interessant.
FT: Werden Sie in Zukunft weiterhin in der Verbandsarbeit aktiv sein?
Dr. Brokamp: Ja, zumindest bis Herbst 2025 habe ich da ein Mandat von Bona. Und wie oben angedeutet, werde ich den IVK bei der Normung unterstützen. Allein schon dadurch werde ich auch weiterhin Kontakt zur TKB, dem BVPF und anderen Verbänden halten.
FT: In der TKB machen Sie sich seit Langem für die KRL-Messung zur Ermittlung der Belegreife von Estrichen stark. Glauben Sie, dass sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren diese Methode flächendeckend im Bodenhandwerk durchsetzen wird?
Dr. Brokamp: Die Grundzüge der KRL-Methode habe ich 2003 bei einer TKB-Fachtagung vorgestellt. Der konkrete Hintergrund waren damals Anfragen von Handwerkern, die Probleme mit der Untergrundfeuchte hatten. Man darf hier nicht vergessen, dass die damalige Klebstofftechnologie bei Parkett sehr viel empfindlicher auf feuchte Untergründe reagiert hat als heute. Zu der Zeit waren bei allen Anwendungstechnikern in der Industrie „Feuchteprobleme“ das Topthema. Einer der wesentlichen Probleme war es, zu erkennen, was für einen Estrich man vor sich hat und wie der zu bewerten ist. Zementestrich? Anhydridfließestriche? Anhydridestrich? 1,5 CM-% sind bei einem Zementestrich trocken, bei einem Anhydridestrich nass. Mit einer Luftfeuchtemessung kann man sehr schnell sehen, was richtig ist.
Die Erfahrung zeigt, dass eine KRL-Messung einfacher sowie sicherer in Bezug auf die Feuchtebeurteilung und sicherer in Bezug auf Gefahren für den Bodenleger als die CM-Methode ist. Die ganze Diskussion der vergangenen Jahre basierte im Wesentlichen auf der erheblichen Schwierigkeit zu verstehen, was Feuchte ist und was bei den verschiedenen Messmethoden eigentlich gemessen wird sowie den möglichen juristischen Problemen. Noch erstaunlicher ist, dass die wissenschaftlichen Fakten eigentlich seit mehr als 100 Jahren bekannt sind und seit mehr als 70 Jahren im Ausland praktisch eingesetzt werden. In allen Ländern, in den man sich mit Feuchtemessung wissenschaftlich auseinandergesetzt hat, hat man am Ende eine Messung der relativen Luftfeuchte zu Beurteilung der Trockenheit von Untergründen eingesetzt. Auch in Deutschland ist dies nur eine Frage der Zeit.
FT: Blicken wir einmal zurück. Sie haben ihre Karriere bei Bona Deutschland im Jahr 1996 als Laborleiter in Limburg begonnen. Wie hat sich das Unternehmen in diesen fast drei Jahrzehnten verändert?
Dr. Brokamp: Damals war die Bona GmbH Deutschland der wichtigste Markt für die Muttergesellschaft Bona AB in Schweden – und Umsätze außerhalb Europas spielten nur eine sehr geringe Rolle. Der Löwenanteil des Umsatzes wurde damals mit Wasserlacken gemacht. Die Klebstoffe, überwiegend gelöste und dispergierte Klebstoffe auf Polyvinylacetatbasis, machten weniger als 10 % des Umsatzes aus.
Heute ist die Bona-Gruppe global aufgestellt mit Tochtergesellschaften von Nordamerika bis Australien. Dort, wo sie nicht selbst aktiv ist, werden die Produkte durch Distributoren vertrieben. Die Gruppe wird zentral vom schwedischen Malmö aus gesteuert. Der größte Markt ist Nordamerika, gefolgt von Europa. Pflegemittel machen speziell in Nordamerika inzwischen fast 50 % des Umsatzes aus – und auch bei den Klebstoffen ist das inzwischen der größte Absatzmarkt. Die Bona-Gruppe produziert heute an den Standorten im hessischen Limburg und Monroe (USA) ca. zwölfmal so viel Klebstoffe wie 1996.
FT: Auf welche Entwicklungen sind Sie in diesem Zusammenhang besonders stolz?
Dr. Brokamp: Der wichtigste Schritt war sicherlich die Einführung unserer eigenen Variante an silanbasierten Klebstoffen. Wir waren mit Klebstoffen auf Basis von Silan-modifizierten-Polymeren (SMP) nicht die Ersten, aber die Ersten, die damit richtige Parkettklebstoffe mit den richtigen Eigenschaften gemacht haben. Bei Bona hatten wir dafür den besseren Blick auf das gesamte Produkt „Parkettboden“. Die Silanklebstoffe ermöglichten dann tatsächlich die komplette Ersetzung der gelösten Klebstoffe und erwiesen sich auch global als die überlegene Technologie für Parkettklebstoffe. Damit war dies auch der bahnbrechende Schritt für die zweite Produktion in den USA und den dortigen Erfolg.
FT: Wie haben sich die Rezepturen in dieser Zeit entwickelt?
Dr. Brokamp: Dynamisch. Zum einen war die Technologie jung – es gab also ökonomisches Optimierungspotenzial. Zum anderen kamen steigende Anforderungen vom Gesetzgeber hinzu. Am Anfang war eines der Hauptziele der Ersatz der Lösemittelklebstoffe, daher hatte die Kennzeichnungsfreiheit immer eine sehr hohe Priorität. Während das ökonomische Verbesserungspotenzial wohl inzwischen weitgehend ausgereizt ist und die physikalischen Eigenschaften wie Verstreichbarkeit, Rippenstand, Festigkeit(sentwicklung) gesetzt sind, wachsen die Anforderungen an ökologische Kriterien weiter. Hier ist kein Ende abzusehen. Auch die Produktionstechnik hat sich massiv verändert. Wir brauchen für einen Ansatz nur noch 1/6 der Zeit von 2004.
FT: Wird den Silanprodukten auch weiterhin die Zukunft gehören?
Dr. Brokamp: Die Geschichte sagt nicht die Zukunft voraus, aber sie gibt Hinweise. Seit Beginn der Industrialisierung wurde für die Klebung von Parkett Heißasphalt, gelöstes Bitumen/Teer-Klebstoffe, gelöste Klebstoffe auf Basis von PVAC und jetzt die Silanklebstoffe als dominierende Technik genutzt. Jeder Technologiezyklus hat ca. 40 Jahre gedauert. So gesehen sind die Silanklebstoffe im Parkettbereich auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung angekommen. Ersatztechnologie wird es vielleicht schon irgendwo geben, aber ihre Bedeutung für Holzfußböden ist mit Sicherheit noch nicht erkannt worden. Bei den Silanklebstoffen hat es auch fast 30 Jahre gedauert, bis ihr Potenzial für Holzfußböden erkannt worden ist.
FT: Und zum Abschluss noch ein Ausblick auf die Zukunft. Verlegewerkstoffe müssen heute immer nachhaltiger sein. Was bedeutet dies für die Leistungsfähigkeit der Produkte und die zukünftige Entwicklungsarbeit der Hersteller?
Dr. Brokamp: Nachhaltigkeit führt eigentlich zu leistungsfähigeren Produkten, da die Lebenserwartung des Produktes eine große Rolle spielt – dies wird sehr deutlich beim aktuellen TKB-Projekt „Lebenserwartung von Parkettklebstoffen“. Die Entwicklungsarbeit wird damit aber in der Tat umfangreicher, da bekannte, gut funktionierende Stoffe, die aber in der Nachhaltigkeit Probleme erzeugen, aussortiert und ersetzt werden müssen. Hinzu kommt ein recht großer bürokratischer Apparat, der sich durch die Europäische Bauproduktenverordnung II wahrscheinlich dramatisch ausweiten wird.
Dr. Thomas Brokamp
Unternehmensinhaber
Der heute 62-jährige Dr. Thomas Brokamp absolvierte ein Studium an der Technischen Universität Dortmund, das er 1989 als Diplom-Chemiker abschloss. 1991 erfolgte seine Promotion zum Doktor der Naturwissenschaften. Nach einer dreimonatigen Phase als Gewerbereferendar beim Land Nordrhein-Westfalen war er von 1992 bis 1996 als Labormitarbeiter beim Verlegewerkstoffhersteller Bostik-Niederlücke (später Bostik) tätig. Im Anschluss wechselte Dr. Brokamp als Laborleiter zu Bona im hessischen Limburg an der Lahn. 2005 stieg er dort zum Geschäftsführer der Bona GmbH Deutschland auf und leite die Divison „Fastening“ der schwedischen Bona-Gruppe. Im September 2024 machte er sich mit der BFB Brokamp Forschung & Beratung GmbH selbstständig. Dr. Brokamp ist seit 1994 in der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB) aktiv und engagiert sich vor allem in der Normungsarbeit (Mitglied DIN NA 062-10-01 AA „Prüfung von Klebstoffen für Bodenbeläge, Wand- und Deckenbekleidung“ und CEN TC193/WG 4).
BFB im Überblick
BFB Brokamp Forschung & Beratung GmbH
Joseph-Oberst-Str. 1
65549 Limburg an der Lahn
Tel.: 01 51 / 53 94 19 82
thomas.brokamp@bfblm.com
Gründung: 2024
Geschäftsführer: Dr. Thomas Brokamp
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